Freizeit & Reisen
20.11.2024
Artikel zum Hören 09:06 Min.
Lesedauer ca. 7 :00 Min.
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Feuerwerk und Fellnasen: Wie Hunde sicher durch die Silvesternacht kommen

In gut vier Wochen steht das neue Jahr vor der Tür. Während sich die meisten Menschen auf bunte Raketen und knallende Sektkorken freuen, graut es vielen Hundehaltern vor der lauten Nacht. Böller, Blitzlichter und ungewohnte Geräusche machen die Silvesternacht für viele Hunde zur Qual. Doch was können Herrchen und Frauchen tun, um ihren Vierbeinern die Silvesternacht zu erleichtern? Hundetrainerin Lisa Felder von der Hundeschule EinTeam verrät ihre besten Tipps.

Es ist kurz vor Mitternacht. Draußen knallt es, Raketen zischen in den Himmel, bunte Lichter blitzen durch die Fenster. Im Wohnzimmer sitzt Max, ein dreijähriger Labrador, zitternd in der Ecke. Die Ohren angelegt, den Schwanz fest zwischen die Beine geklemmt, blickt er nervös hin und her. Neben ihm sitzt Anna, seine Besitzerin, die verzweifelt versucht, ihn zu beruhigen. „Alles ist gut, Max“, sagt sie leise, streichelt ihm sanft über den Kopf – doch der nächste Knall lässt ihn wieder zusammenzucken.

Anna schaut auf die Uhr. Noch zehn Minuten bis Mitternacht, und es scheint, als würde der Lärm draußen von Minute zu Minute lauter werden. Eigentlich hatte sie sich auf einen ruhigen Silvesterabend gefreut, aber jetzt wünscht sie sich nur noch, dass es schnell vorbei ist – für Max. Das Feuerwerk, das die Menschen begeistert, ist für ihren Hund die Hölle.

Viele Hundehalter kennen dieses Szenario. Wenn das Feuerwerk losgeht, schlägt die entspannte Stimmung in Stress und Panik um. Aber muss das wirklich sein? Wie können Hund und Mensch Silvester ohne Angst und Aufregung gemeinsam verbringen?

Warum Hunde an Silvester leiden

Versteckspiel aus Angst: Der Bulldogge wurde der Lärm zu viel – unter der Couch findet sie Ruhe und Sicherheit.

Warum Hunde an Silvester leiden

Kaum ein Tier kann sich für Feuerwerke begeistern. Vor allem Hunde, deren Gehör viel empfindlicher ist als das des Menschen, empfinden die Knallerei oft als beängstigend. Die ungewohnten Geräusche, der plötzliche Lärm und die hellen Blitze am Himmel lösen Panik aus. Laut einer Studie leiden fast 60 Prozent aller Hunde unter Silvesterangst – mit Symptomen wie Zittern, Jaulen, Unruhe bis hin zu Fluchtversuchen. „Hunde nehmen ihre Umwelt anders wahr als wir Menschen“, erklärt Lisa Felder. „Die ohrenbetäubenden Geräusche und Lichtblitze werden schnell als Bedrohung empfunden. Hinzu kommt, dass sie nicht verstehen, woher der Lärm kommt und die Situation nicht einschätzen können.“

Frühzeitig mit der Vorbereitung beginnen

Frühzeitig mit der Vorbereitung beginnen

Der wichtigste Tipp: Man kann nicht früh genug mit den Vorbereitungen beginnen. Wer schon im Herbst damit beginnt, seinen Hund an den Silvesterlärm zu gewöhnen, kann viel erreichen. Geräusch-CDs oder spezielle Apps, die Feuerwerksgeräusche simulieren, bieten eine gute Möglichkeit, den Hund langsam an den Lärmpegel heranzuführen. Auf YouTube gibt es etliche Feuerwerksvideos, die sich ebenfalls als Trainingshintergrund nutzen lassen.
Herbstspaziergang im Einklang: Hundetrainerin Lisa Felder mit ihrem Rudel. Mit Expertise und Leidenschaft begleitet sie Vierbeiner und ihre Menschen in ihrer Hundeschule 'Ein Team'. Foto: Monia Meixner/bilderbuchfamilie.net
„Wichtig ist, langsam anzufangen und die Lautstärke langsam zu steigern“, betont Felder. „Während des Trainings sollte der Hund immer etwas Positives erleben – zum Beispiel ein Leckerli oder ein Spiel. So verbindet er die Geräusche mit etwas Angenehmem.“

Gleichzeitig rät die Hundetrainerin, den Hund frühzeitig an einen sicheren Rückzugsort zu gewöhnen. Das kann ein Raum in der Wohnung sein, in dem möglichst wenig Lärm zu hören ist, oder eine gemütliche Hundehöhle, die mit einer Decke abgedunkelt werden kann. „Wichtig ist, dass der Rückzugsort dem Hund vertraut ist und er sich dort gerne aufhält“, sagt Felder.

Sicherheit geht vor: Hund anleinen

Sicherheit geht vor: Hund anleinen

Auch wenn die Vorbereitungen optimal verlaufen sind, gibt es eine goldene Regel, die an Silvester nie außer Acht gelassen werden sollte: Der Hund gehört immer an die Leine. „Gerade in den Tagen um den Jahreswechsel zünden Menschen immer wieder unerwartet Böller – oft auch tagsüber“, warnt Lisa Felder. „Ein unangeleinter Hund kann sich so erschrecken, dass er in Panik davonläuft.“ Jedes Jahr melden sich viele verzweifelte Hundebesitzer, deren Vierbeiner aus Angst vor einem Feuerwerkskörper die Flucht ergriffen haben.

Ein weiteres Sicherheitsrisiko sind die Überreste der Silvesternacht: Raketenhülsen, Batterien und Böllerreste, die auf dem Boden liegen. Diese können neugierigen Hunden gefährlich werden, wenn sie damit spielen oder daran schnüffeln. „Man sollte seinen Hund nach Silvester nicht unbeaufsichtigt durch Parks oder Straßen laufen lassen. Da lauern zu viele Gefahren“, warnt Felder.

Das richtige Umfeld schaffen

Das richtige Umfeld schaffen

Neben der Leinenpflicht und einem Rückzugsort gibt es weitere Maßnahmen, die helfen, das Umfeld für den Hund so angenehm wie möglich zu gestalten. Wer in der Silvesternacht zu Hause bleibt, sollte sich auf den Abend vorbereiten, indem er für Ruhe sorgt:

  • Fenster und Rollläden schließen: Das dämpft den Lärm von draußen und reduziert Lichtblitze.
  • Beruhigende Musik oder Fernsehen: Eine vertraute Geräuschkulisse kann helfen, die lauten Böller zu übertönen.
  • Keine übertriebene Aufmerksamkeit: Auch wenn der Impuls groß ist, den Hund sofort zu trösten, rät Felder zur Vorsicht: „Übertriebene Zuwendung oder Mitleid können die Angst des Hundes verstärken. Es signalisiert ihm, dass tatsächlich Gefahr droht.“

Beruhigungsmittel nur im Notfall

Beruhigungsmittel nur im Notfall

Manche Hundehalter greifen zu Beruhigungsmitteln, um ihrem Hund die Silvesternacht erträglicher zu machen. Doch hier ist Vorsicht geboten. „Beruhigungsmittel sollten immer das letzte Mittel der Wahl sein“, betont Felder. „Es gibt natürliche Präparate, die angstlösend wirken, zum Beispiel CBD-Öl oder Bachblüten. Aber auch diese sollten nur in Absprache mit einem Tierarzt verabreicht werden.“ Medikamente mit sedierender Wirkung können den Hund zwar beruhigen, führen aber dazu, dass er die Angst weiterhin bewusst erlebt, sich aber nicht bewegen kann. Das kann den Stress noch verstärken. „Es gibt Hunde, die unter Medikamenten regelrecht in ihrer Angst gefangen sind – das ist wirklich keine Lösung“, erklärt Felder.
Gemeinsam stark: Zeit mit anderen Hunden kann für ängstliche Vierbeiner beruhigend sein.
Ein weiterer Tipp der Hundetrainerin: Zeit mit anderen Hunden kann beruhigend wirken. „Hunde sind Rudeltiere. Wenn sie mit anderen souveränen Hunden zusammen sind, kann sich deren Ruhe auf sie übertragen.“ Wer also die Möglichkeit hat, den Silvesterabend mit anderen Hunden zu verbringen – vielleicht bei Freunden, die einen entspannten Hund haben – sollte dies in Erwägung ziehen.

Was tun, wenn der Hund trotzdem in Panik gerät?

Was tun, wenn der Hund trotzdem in Panik gerät?

Trotz aller Vorbereitungen kann es vorkommen, dass der Hund in Panik gerät. Besonders bei extrem ängstlichen Tieren ist dies keine Seltenheit. In solchen Fällen ist es wichtig, Ruhe zu bewahren. „Auch wenn der Hund zittert und unruhig ist, sollte man ihn nicht übermäßig streicheln“, rät Felder. „Das zeigt ihm nur, dass sein Verhalten richtig ist.“

Stattdessen sollte man versuchen, dem Hund eine Alternative zu bieten – sei es durch Ablenkung mit einem geliebten Spielzeug oder durch ein besonders leckeres Leckerli. „In solchen Momenten kann es helfen, selbst ruhig und gelassen zu bleiben“, sagt die Hundetrainerin.

Silvester-Alternativen für extrem ängstliche Hunde

Silvester-Alternativen für extrem ängstliche Hunde

Für Hunde, die unter extremer Silvesterangst leiden, kann es sinnvoll sein, den Jahreswechsel an einem ruhigeren Ort zu verbringen. Es gibt immer mehr hundefreundliche Hotels oder Ferienwohnungen in ruhiger Lage – beispielsweise an der Autobahn oder am Flughafen, die speziell zu Silvester als Rückzugsort für gestresste Vierbeiner angeboten werden. Auch bei Verwandten oder Freunden auf dem Land, wo weniger Feuerwerk gezündet wird, können Hund und Mensch die Silvesternacht entspannter erleben.

„Es gibt viele Hundehalter, die den Silvestertrubel bewusst hinter sich lassen und mit ihrem Hund aufs Land fahren“, berichtet Felder. „Gerade für Hunde, die jedes Jahr unter der Knallerei leiden, kann das die beste Lösung sein.“

Der Tag danach: Was nun?

Ein gelungener Start ins neue Jahr: Mit der richtigen Vorbereitung und einer entspannten Umgebung kann auch die Silvesternacht stressfrei für den Hund verlaufen.

Der Tag danach: Was nun?

Ist der Silvesterabend überstanden, ist die Erholung für den Hund noch nicht vorbei. Die Tage nach Silvester sind für Hunde oft noch stressig, da viele Reste von Feuerwerkskörpern auf den Straßen liegen und es immer wieder zu vereinzelten Nachzündungen kommt.

„Der Spaziergang am Neujahrsmorgen sollte vorsichtig und kontrolliert erfolgen“, rät Felder. „Es empfiehlt sich, weiterhin auf den Rückzugsort zu setzen und den Hund langsam wieder an den Alltag zu gewöhnen.“

Insgesamt gilt: Mit der richtigen Vorbereitung und einer entspannten Umgebung können viele Hunde die Silvesternacht gut überstehen. Es braucht Geduld, Training und vor allem Einfühlungsvermögen für die Ängste des Hundes. Aber am Ende lohnt sich die Mühe, wenn der Vierbeiner den Jahreswechsel ohne Stress und Angst erleben kann.

Übrigens: Mehr von Lisa Felder gibt es auf der Webseite Ihrer Hundeschule „Ein Team“ zu lesen.

Lesetipp: Wie Sie Ihren nächsten Roadtrip mit Hund perfekt planen, erfahren Sie im Artikel „Roadtrip mit Bello: Tipps für eine entspannte Autofahrt“.
Feuerwerk und Fellnasen: Wie Hunde sicher durch die Silvesternacht kommen
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