Die Sonnenfänger
Die Kraft der Sonne ist in aller Munde: Laut einer aktuellen Befragung wünschen sich drei Viertel aller Hausbesitzer in Deutschland ein Solardach. Kann der Strom aus der Sonnenenergie unser CO2-Problem lösen? Oder rechnen wir uns diese Anlagen einfach schön? Immerhin fallen sie nicht vom Himmel und der Produktionsprozess beinhaltet einige Schritte, die so gar nicht zum grünen Image passen.
Hausbesitzer setzen auf die Sonne
Gerade bei steigenden Energiekosten ist die Idee, quasi kostenlose Sonnenenergie zu nutzen für viele Hausbesitzer besonders reizvoll. Das zeigt sich in einschlägigen Statistiken. 75 Prozent aller privaten Hausbesitzer in Deutschland, die über ein geeignetes Dach verfügen, liebäugeln mit einer eigenen Solaranlage. Jeder fünfte plant die Anschaffung innerhalb eines Jahres. Zu diesem Ergebnis kommt eine vom Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) in Auftrag gegebene YouGov-Repräsentativbefragung unter 1.022 Immobilienbesitzern in Deutschland. Vier von fünf Befragten, die sich die Anschaffung einer Solarstromanlage vorstellen können, wünschen sich zugleich einen Solarstrom-Speicher, um den selbst erzeugten Solarstrom rund um die Uhr nutzen zu können. Von den befragten Hausbesitzern nennen 61 Prozent steigende Strompreise als Grund für die Anschaffung, gefolgt von 52 Prozent, die sich mehr Unabhängigkeit von Energieversorgern wünschen. Umwelt- und Klimaschutz werden von 39 Prozent der Investitionswilligen als Kaufmotivation angegeben.
Mehr gewerbliche Nutzung am Horizont
Politischen Nachholbedarf sieht der BSW für 2023 insbesondere bei der Verbesserung der Investitionsbedingungen für gewerbliche Investoren. Zwar registriert der Verband auch hier ein grundsätzlich gewachsenes Investitionsinteresse. Der Bundesverband kritisiert jedoch: Unverhältnismäßige Auflagen beim Netzanschluss, zu viel Bürokratie in den Genehmigungsverfahren sowie zu restriktive Auktionsbedingungen würden viele Unternehmen schließlich davon abhalten, ihr Firmendach tatsächlich mit Solarzellen zu bestücken oder zeitnah in einen Solarpark zu investieren. Nichtsdestotrotz wächst auch auf gewerblichen und industriellen Flächen die Zahl der Solarpanels.
Tank & Rast rüstet beispielsweise seit mehreren Jahren seine neugebauten Standorte an der Autobahn mit Photovoltaikanlagen aus. Beispielsweise die Raststätte Fürholzen West. Hier wurden auf einer Gesamtfläche von rund 7.200 Quadratmetern auf Carports, der Überdachung des E-Ladeparks und auf einem Lärmschutzwall etliche Photovoltaik-Module angebracht. Diese produzieren in der Spitze bis zu 1,3 Megawatt Strom für den laufenden Betrieb. Tagsüber versorgt sich die Raststätte somit im Energie- und Wärmebereich komplett selbst mit umweltfreundlichem Strom aus Sonnenkraft. Erzeugte Stromüberschüsse werden in einer Batterie gespeichert. Diese lassen sich in den Nachtstunden, wenn die Photovoltaik-Anlage keinen Strom produziert, für die Eigenversorgung nutzen. Der in der Batterie gespeicherte Strom deckt den Nacht-Stromverbrauch der Raststätte für circa zwei bis drei Stunden ab. Wie das alles aus der Luft aussieht, zeigt der Drohnenflug über die Raststätte unten.
Klimapositiv dank Sonnenenergie
Da die Photovoltaikanlage vor allem an sonnenreichen Tagen mehr Strom produziert, als das Gebäude und sein Betrieb verbrauchen, wird der überschüssige Strom zusätzlich in weiteren Bereichen genutzt. Dazu gehören unter anderem die Versorgung der Schnellladesäulen wie auch die Produktion von Wasserstoff für eine Wasserstofftankstelle. Die dahinterliegende Technik inklusive eines Brennstoffzellen-Blockheizkraftwerkes ermöglicht wiederrum die Rückgewinnung von Strom aus überschüssigem Wasserstoff, der ebenfalls vor Ort zur Eigenversorgung genutzt wird. Für diese Maßnahmen wurde der Standort an der A9 als erstes Raststätten-Gebäude in Deutschland von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e.V. mit der Auszeichnung „Klimapositiv“ bedacht.
Abflug mit Sonnenenergie eher nicht
Klar ist dennoch: Eine Verbesserung der CO2-Bilanzen entscheidet sich nicht ausschließlich an der Menge installierter Solarpanels. Denn PV-Anlagen können die Herausforderungen in Sachen Umwelt allein nicht lösen. Warum, zeigt sehr schön das Eingangs zitierte Beispiel des Wiener Flughafens. Zwar lassen sich mit der dortigen PV-Anlage die Bauten am Boden klimaneutral betreiben. Für den Flugverkehr ist das Thema PV tatsächlich kein Thema. Unabhängig davon, dass es nach wie vor keine elektrischen Flugzeuge im Linienverkehr gibt. Aber man kann es theoretisch angehen und die Stromleistung in Kerosin umrechnen. Das haben Forschende des österreichischen Umweltbundesamts und der Universität für Bodenkultur in Wien gemacht. Das Ergebnis: Die am Flughafen installierten PV-Module erzeugen theoretisch lediglich Strom für 150 Flüge. Allein im Jahr 2022 gab es am Flughafen mehr als 173.000 Flugbewegungen, also Starts und Landungen.
Fazit: PV-Anlagen sind gut. Sie sind aber nicht das Allheilmittel bei der Reduktion von CO2– Emissionen. Denn lediglich rund 30 Prozent dieser Emissionen in der EU stammen aus der Erzeugung von Elektrizität. Hier kommt es auf einen cleveren Mix von nachhaltiger Energie in Verbindung mit neuen Ideen auch bei der Fortbewegung und dem Transport von Gütern an.
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Der 90-jährige Wissenschaftler Claude Lorius beeinflusst mit seinen Experimenten die Klimaforschung noch heute. Was der Südpol damit zu tun hat, lesen Sie hier.